Man will die Kanisfluh kastrieren

Die Kanisfluh ist das Wahrzeichen der Talschaft Bregenzerwald. Am Fuße des Berges möchte ein Bregenzerwälder Bauunternehmen einen Steinbruch errichten. Die Bürgerinitiative “Üsa Kanis” wehrt sich dagegen. Am Donnerstag wurde aus diesem Anlass eine Kunstausstellung eröffnet.

Der geplante Kiesabbau in Schnepfau sorgt seit Monaten für Diskussionen. Widerstand kommt von verschiedenen Seiten. Alpenschutzverein, Alpenverein und der Naturschutzbund haben sich mit der Bürgerinitiative “Üsa Kanis” zusammengetan und wehren sich gegen den geplanten Steinbrauch auf Fuße das Hinterwälder Hausberges. Bereits am 22. Juli wurde mit einer Lichterkette auf der Kanisfluh auf den geplanten Steinbruch aufmerksam gemacht.

Am Donnerstag wurde in Mellau eine Kunstausstellung eröffnet, die die Kanisfluh zum Thema hat. Zur Eröffnung sprach Psychiater Reinhard Haller, selbst gebürtiger Mellauer, zum Thema “Der Einfluss der Landschaft auf den Menschen und des Menschen auf die Landschaft”. Gegenüber VOL.AT erklären Reinhard Haller, Bürgerinitiativen-Initiator Markus Zwischenbrugger und Umweltaktivistin Hildegard Breiner, warum es für sie unvorstellbar ist, dass an der Kanisfluh ein Steinbruch entsteht.

“Man will die Kanisfluh kastrieren”

“Der Informationsstand der Bevölkerung war nicht so, wie er sein sollte”

“Dieses geologische Wunder ist uns ein heiliger Berg”

Dem Berg keine Wunde schlagen

Am Nordfuß der Kanisfluh ist ein Kiesabbau geplant. Dagegen rührt sich reger Widerstand.

Die Kanisfluh ist nicht einfach irgendein Berg. Das wurde beim gestrigen Pressetermin im Vorfeld zur Eröffnung der Kunstausstellung „Üsa Kanis“ in Mellau von allen Sprechern betont. Um eben dieses Wahrzeichen des Bregenzerwaldes gehen die Wogen seit geraumer Zeit hoch. Denn am Nordfuß des Berges sollen, wenn es nach den Plänen des größten Transportunternehmens der Region geht, in naher Zukunft auf einer Fläche von sechs Hektar über einen Zeitraum von 30 Jahren rund 800.000 Kubikmeter Kies und Felsgestein abgebaut und im Gegenzug Aushubmaterial deponiert werden. Die zu erwartende Lärm- und Staubbelastung und das zusätzliche Verkehrsaufkommen würden insbesondere die Bewohner des Schnepfauer Ortsteiles Hirschau, aber auch Radfahrer und Spaziergänger zu spüren bekommen. Dagegen regt sich allerdings erheblicher Widerstand.

Damit der Kansifluh keine „Landschafts-zerstörende Basiswunde“ zugefügt werden kann, haben sich Mitglieder des Alpenschutzvereins, des Alpenvereins und des Naturschutzbundes mit den Verantwortlichen der Bürgerinitiative „Üsa Kanis“ zusammengetan. Bereits am 22. Juli wurde mit einer Lichterkette auf dem Bergrücken ein sichtbares Zeichen gesetzt, um auf die Thematik aufmerksam zu machen. Mit der Kunstausstellung soll nun die erhaltenswerte Schönheit der Kanisfluh ins Licht gerückt werden. „Bereits die Anfänge des Naturschutzes in Vorarlberg gehen auf das Edelweiß auf der Kanisfluh zurück. Schon 1886 wurde eine Verordnung zum Schutz der Pflanze erlassen“, erklärte Hildegard Breiner als Vertreterin von Naturschutzbund, Alpenschutzverein und Alpenverein. Die Kanisfluh sei für ihren Artenreichtum an Alpenpflanzen, für selten vorkommende Vogel- und Schmetterlingsarten berühmt. Die Steinbockrudel werden von Bergwanderern bewundert und sind für die Tourismuswerbung ein beliebtes Sujet. Doch Lärm und Beunruhigung würden die Tiere vertreiben. „Es darf nicht geschehen, dass ein weiteres Naturjuwel zu Geld gemacht wird“, fand Breiner deutliche Worte.

Prägende Landschaft. Dabei erhielt sie prominente Unterstützung von Architekt Hermann Kaufmann und Primar Reinhard Haller. Letzterer räumte ein, als naturliebhabender Mensch und Mellauer emotional sehr involviert in das Thema zu sein und nannte das Kies- und Schotterabbau-Vorhaben ein „Schändungsprojekt“. Er sei nicht nur in dieser Gegend verwurzelt, sondern beschäftige sich als Psychiater auch mit der Landschaft, die prägend auf das Wesen der in ihr lebenden Menschen wirkt. „Da werden tiefe, unbewusste Schichten berührt. Die Kanisfluh ist bereits von Weitem als landschaftlich herausragendes Merkmal sichtbar und einer der wenigen mythologischen Berge im Land“, formulierte es Haller. Die Kanisfluh nehme dabei sowohl die Rolle des Wächters als auch des gütigen Vaters ein und stehe für Vitalität und Stärke der Talschaft. „Als Gerichtspsychiater muss ich sagen, dass allein der Gedanke, an dieser Stelle einen Kiesabbau zu planen, strafbar erscheint.“ Darüber hinaus werde auf diese Weise auch die uralte Vorsäßlandschaft unweigerlich in Mitleidenschaft gezogen, argumentierte Haller. Er werde deshalb mit allen demokratischen Mitteln gegen dieses „Wahnsinns­projekt“ vorgehen.

Ein „Dammbruch“. Architekt Hermann Kaufmann räumte ein, dass es sich bei Kies um einen wertvollen Baustoff handle, der immer knapper werde. „Doch dass der Abbau nun ausgerechnet am wichtigsten Berg des Bregenzerwaldes vor sich gehen soll, kann ich nicht nachvollziehen.“ Der Anblick dieser Landschaftswunde wäre über Jahrzehnte ersichtlich und würde dem Ansehen des Bregenzerwaldes nachhaltig schaden. Denn schließlich werde gerade die landschaftliche Schönheit der Region touristisch beworben. „Würde dieses Vorhaben grünes Licht erhalten, dann wäre das eine Art Dammbruch“, gab Kaufmann zu bedenken. Dass der Abbau gerade an der Kanisfluh erfolgen soll, sei dabei reiner Zufall. „Weil es eben eine potente Firma in der unmittelbaren Nähe gibt. Doch eigentlich sollte es sich so verhalten, dass das Werk dem Schotter folgt und nicht der Schotter dem Werk.“ Der Architekt befürchtet zudem, dass nach 30 Jahren nicht einfach Schluss sein wird, denn die Baustoffnachfrage sei dann mit Sicherheit noch größer.

Kein Argument. Das Argument, es ginge nur darum, den regionalen Bedarf an Kies- und Schottermaterial zu decken, ließen die Anwesenden nicht gelten. Denn dieses sei auch mit den bereits bestehenden Steinbrüchen im Land zu decken. Wirtschaftliche Interessen einzelner Akteure sollten daher nicht über die Lebensqualität einer ganzen Region gestellt werden.

Kunstausstellung „Üsa Kanis“, 28. Juli bis 20. August im „Alps Hoamat“, Klaus 5 in Mellau. Zu sehen sind Gemälde, Radierungen, Zeichnungen, Skulpturen und Fotografien von Franz Gasser, Ulrike Maria Kleber, Hanno Metzler, Adolf Bereuter und anderen.

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NEUE Bericht Teil1
NEUE Bericht Teil2
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Kanisfluh: Haller zieht Vergleich

Der geplante Abbau von 800.000 Kubikmeter Gestein am Fuß der Kanisfluh im Bregenzerwald ruft immer mehr Gegner auf den Plan. Psychiater Reinhard Haller fand am Donnerstag drastische Worte: Er zog einen Vergleich zu den Zerstörungen der Taliban und des IS.

Kanisfluh und Matterhorn seien in gleichem Maße Wahrzeichen und identitätsstiftend, sagte Haller bei der Eröffnung der Kunstausstellung „Üsa Kanis“ am Donnerstagabend in Mellau. Seine rhetorische Frage: Wer würde am Matterhorn oder unter den Drei Zinnen einen Steinbruch anlegen? Wird die Wurzel angegriffen, werde auch der Kern zerstört, so Haller.

Haller macht Zeitgeist verantwortlich

„Wenn nun versucht wird, hier einen Angriff darauf zu starten, dann assoziiere ich damit, was die Taliban gemacht haben im Jahr 2001 in Afghanistan“, sagte Haller. Konkret bezog er sich auf einen Vorfall im Jahr 2001, als die islamistische Miliz die antiken Buddha-Statuen von Bamiyan sprengte. Auch die Zerstörung der Grabtürme von Palmyra durch den Islamischen Staat (IS) im Jahr 2015 führte Haller als Beispiel an.

In beiden Fällen sei die Zerstörung aus einem Zeitgeist heraus geschehen. „Unsere Opportunität heißt eben Gewinnmaximierung und Ausplündern der Landschaft – und damals hat es eben geheißen, es sind irgendwelche religiösen Gründe, die momentan grad modern sind“, sagte der gebürtige Mellauer. Den Schaden könne man im einen wie im anderen Fall nicht mehr gutmachen.

Wörtlich als „Wahnsinn“ bezeichnete Haller, die Steine der Kanisfluh beim Hochwasserschutzprojekt „Rhesi“ einzusetzen. Ein bestehendes Naturdenkmal werde vernichtet, um den Rhein um 50 Millionen Euro zu renaturieren. Die Kanisfluh werde im Rhein versenkt, so Haller – das sei zu viel des Guten.

Widerstand von vielen Seiten

Der geplante Kiesabbau an der Nordseite der Kanisfluh in Schnepfau sorgt seit Monaten für Diskussionen. Die Firma Rüf plant, in 30 Jahren 800.000 Kubikmeter Gestein abzubauen. Widerstand kommt von verschiedenen Seiten: Die Bürgerinitiative „Üsa Kanisfluh“ hat 3.000 Unterschriften gegen das Projekt gesammelt und verzeichnete in den ersten drei Wochen rund 15.000 Zugriffe auf ihre Webseite.

An einer Lichterkette auf dem Grat der Kanisfluh, die die Initiative vergangenen Samstag gemeinsam mit dem Alpenschutzverein, dem Alpenverein und dem Naturschutzbund veranstaltete, beteiligten sich etwa 400 Personen. Die Gemeinde will das geplante Abbaugebiet in der Parzelle Enge unter örtlichen Naturschutz stellen, stößt allerdings auf rechtliche Hürden.

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ORF Bericht Teil1
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Unter der Kanis fliegen Fetzen

Die Gesellschafter der Firma Rüf zeigen sich empört. Die Wirtschaftskammer Vorarlberg (WKV) spricht von einer „unhaltbaren Verunglimpfung der übelsten Sorte“. Stein des Anstoßes sind Aussagen von Psychiater Reinhard Haller anlässlich der Eröffnung der Kunstausstellung „Üsa Kanis“ gegen den geplanten Steinbruch am Fuße der Kanisfluh.

Ich habe niemanden mit IS-Terroristen verglichen.
Reinhard Haller

Kanisfluh und Matterhorn seien in gleichem Maße Wahrzeichen und identitätsstiftend, sagte Primar Haller am Donnerstagabend in seiner Rede in Mellau. Wenn nun versucht werde, einen Angriff darauf zu starten, dann assoziiere er damit, „was die Taliban im Jahr 2001 in Afghanistan gemacht haben“. Der gebürtige Mellauer bezog sich dabei auf die Sprengung der antiken Buddha-Statuen von Bamiyan durch die Islamisten. Als weiteres Beispiel nannte er die Zerstörung der Grabtürme von Palmyra durch den IS anno 2015. In beiden Fällen sei die Zerstörung aus einem Zeitgeist heraus geschehen. „Unsere Opportunität heißt eben Gewinnmaximierung und Ausplünderung der Landschaft – damals hat es eben geheißen, es sind irgendwelche religiösen Gründe, die momentan gerade modern sind.“

Die Firma Rüf meldete sich am Freitag „im Namen unserer 120 MitarbeiterInnen, die aufs Tiefste beleidigt wurden“, zur Wort. „Es ist schade und beschämend, auf welchem Niveau wir von Prof. Haller angegriffen werden. Der Vergleich, dass unser Unternehmen agiert wie der IS oder die Taliban ist äußerst geschmacklos und aus jedem Zusammenhang gerissen“, heißt es in der Aussendung. Der Primar schüre damit Konflikte und verbreite zudem mit Aussagen wie „Es werden aus diesem Projekt Steine für das wichtige Projekt Rhesi verwendet“ Unwahrheiten. In dieselbe Kerbe schlägt die WKV. Die Interessensvertretung fordert Haller auf, „den empörenden IS-Vergleich gegenüber einem traditionellen Vorarlberger Familienunternehmen“ zurückzunehmen und „sich schleunigst für seine Entgleisungen zu entschuldigen“. Einen Grund dafür sieht Reinhard Haller allerdings nicht. Er habe sich bei seinem Vergleich weder auf Menschen noch auf eine Firma bezogen, sondern darauf, dass man Kulturdenkmäler und Naturwunder für immer zerstöre. Im Zusammenhang mit Rhesi habe er überdies im Konjunktiv gesprochen und gesagt: „Für mich wäre es der Gipfel der Perversion, wenn die Steine der Kanisfluh im Rhein versenkt werden würden.“

Wenn die Firma Sachlichkeit fordere, so der Primar weiter, dann solle sie bei sich selber anfangen und sachliche Informationen liefern.

Die Firma Rüf plant, im Bereich Vorsäß Enge rund 800.000 Kubikmeter Kies abzubauen und die Grube anschließend mit Aushubmaterial zu befüllen. Unlängst wurde bei der BH Bregenz der Antrag auf Einleitung des Verfahrens eingebracht. „Das ist jetzt kritisch zu prüfen und von verschiedenen Sachverständigen zu beurteilen“, meint Landesstatthalter Karlheinz Rüdisser. Laut BH ist derzeit beim Land das UVP-Feststellungsverfahren am Laufen. „Ziemlich bald“ erwartet Rüdisser das Ergebnis in Bezug auf die geplante Verordnung der Gemeinde Schnepfau über das örtliche Schutz­gebiet „Engevorsäß, Kanisfluh“. Die Entscheidung sei jedenfalls von der Landesregierung zu treffen, da es den Kiesabbau betreffe und somit die Interessen mehrerer Gemeinden bzw. einer Region tangiere.

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VN Bericht

400 Interessierte beobachteten das Mahnfeuer auf der Kanisfluh

Mit einer Lichterkette haben der Naturschutzbund, der Alpenverein und der Alpenschutzverein gemeinsam mit der Bürgerinitiative „Üsa Kanis“ am Samstagabend ein leuchtendes Zeichen gegen den geplanten Steinbruch am Fuße der Kanisfluh gesetzt. Rund 400 Interessierte kamen, um das Mahnfeuer auf der gegenüberliegenden Schnepfegg zu beobachten.

Edelweiß und Kunst

Bereits die Anfänge des Naturschutzes in Vorarlberg hätten das Edelweiß auf der Kanisfluh betroffen, verweist Hildegard Breiner, Obfrau des Naturschutzbundes, unter anderem auf den späteren Vizekanzler Jodok Fink, der ein Landesgesetz zum Schutze der Alpenpflanzen initiierte. „Auf Konstantin Graf Thun-Hohenstein, den langjährigen Leiter der BH Bregenz, geht 1904 die erste amtliche Kundmachung der Feld- und Waldschutz-Gesetze mit großen Plakaten zurück“, führt Breiner aus.

Weiter geht der Protestreigen mit der Kunstausstellung „Üsa Kanis“, die am Donnerstagabend, 27. Juli, in Alps Hoamat in Mellau eröffnet wird. Die Eröffnungsrede hält Primar Reinhard Haller zum Thema „Der Einfluss der Landschaft auf den Menschen – und des Menschen auf die Landschaft“. Genauere Infos zur Eröffnung der Kunstausstellung finden Sie hier.

Beitragsbild: Naturschutzbund-Vorstandsmitglied MMag. Rouven Schipflinger und Rainer Schlattinger vom Alpenverein bei den Vorbereitungen für die Lichterkette (Bildautor: Markus Petter, Alpenschutzverein)

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Mahnfeuer brennen auf der Kanisfluh

Mit einer Lichterkette haben der Naturschutzbund, der Alpenverein und der Alpenschutzverein gemeinsam mit der Bürgerinitiative „Üsa Kanis“ am Samstagabend ein leuchtendes Zeichen gegen den geplanten Steinbruch am Fuße der Kanisfluh gesetzt. Laut den Organisatoren beobachteten rund 400 Interessierte auf der gegenüberliegenden Schnepfegg das Mahnfeuer.

Edelweiß und Kunst

Bereits die Anfänge des Naturschutzes in Vorarlberg hätten das Edelweiß auf der Kanisfluh betroffen, verweist Hildegard Breiner, Obfrau des Naturschutzbundes, unter anderem auf den späteren Vizekanzler Jodok Fink, der ein Landesgesetz zum Schutze der Alpenpflanzen initiierte. „Auf Konstantin Graf Thun-Hohenstein, den langjährigen Leiter der BH Bregenz, geht 1904 die erste amtliche Kundmachung der Feld- und Waldschutz-Gesetze mit großen Plakaten zurück“, führt Breiner aus.

Weiter geht der Protestreigen mit der Kunstausstellung „Üsa Kanis“, die am Donnerstagabend, 27. Juli, in Alps Hoamat in Mellau eröffnet wird. Die Eröffnungsrede hält Primar Reinhard Haller zum Thema „Der Einfluss der Landschaft auf den Menschen – und des Menschen auf die Landschaft“.

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VN Bericht